Wiesbaden, 19. Juni 2015 – Im Notfall muss es schnell gehen: Einen Rettungswagen rufen, auch für Patienten über 300 Kilo kommt das fast täglich vor. Aber ein normaler Rettungswagen darf diese Patienten gar nicht transportieren – normale RTWs sind nur für maximal 180 Kilo Patientengewicht zugelassen. Früher kam in solchen Fällen die Feuerwehr, hievte die Patienten auf einen mit Matratzen ausgelegten Pritschenwagen und fuhr sie ohne große medizinische Ausrüstung zur Klinik. Eine entwürdigende Prozedur. Jetzt ist damit Schluss. So haben die Johanniter in Wiesbaden seit einigen Jahren spezielle Wagen für Patienten über 180 Kilo Gewicht. Erst einen Krankentransportwagen (KTW) und seit zwei Jahren sogar einen schicken voll mit medizinischen Geräten ausgestatteten Schwerlast-Rettungswagen für alle Notfälle.
Björn Hörnle, Regionalvorstand der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Regionalverband Hessen West, erklärt: „Es ist uns wichtig, Patienten menschenwürdig und sicher zu transportieren. Unser Schwerlast-Rettungswagen bietet zusätzliche medizinische Ausrüstung für adipöse Patienten, eine breitere Trage und größere Gurtumfänge als normale Rettungswagen. Patienten bis 450 Kilo Körpergewicht dürfen darin transportiert werden.“ Der Clou ist die Seilwinde im RTW: Sie zieht die Trage mit dem Patienten, gesichert von der Rettungswagenbesatzung, auf Knopfdruck in den Rettungswagen. Die Nachfrage an soviel High Tech ist groß. Hörnle: „Wir haben 20 bis 30 Fahrten pro Monat, unser Schwerlast-RTW ist jeden Tag im Dienst“. Egal ob normaler Rettungswagen oder Schwerlast-RTW – es kostet die Patienten nix extra. Für Technik-Fans: Der Mega-Rettungswagen (Funkrufname 8/89-1) besteht aus einem Sprinter-Unterbau (Wert: 130.000 Euro) und einem Rettungswagen-Aufbau von einer Spezialfirma aus Neu-Brandenburg. Insgesamt ist der Schwerlast-RTW 180.000 Euro teuer, als Besatzung fährt eine auf den Wagen geschulte Besatzung aus je einem Rettungsassistenten und einem Rettungssanitäter mit. Sie kennen sich nicht nur mit den Technik-Tricks aus (z.B. gibt es im Schwerlast-RTW 220 Volt-Steckdosen für z.B. Heimbeatmungsgeräte der schweren Patienten), sondern sie kennen auch die beste Klinik-Wahl („wo gibt es ein offenes CT, dass den korpulenten Patienten aufnehmen kann?“). Aber nicht nur im Notfall ist der Mega-RTW im Einsatz: „Es gibt auch viele geplante Fahrten“, sagt Hörnle. „Erst diese Woche haben wir zum Beispiel einen über 200 Kilo schweren Patienten von einer Wiesbadener Klinik zur Reha gebracht“. Ist es im Notfall ein Nachteil dick zu sein? Nein, sagt Hörnle: „Der ’normale‘ Rettungswagen fährt zum Patienten, die Kollegen vor Ort versorgen ihn und rufen wenn benötigt sofort unseren Schwerlast-RTW, so dass keine Wartezeiten für den Patienten für die Weiterfahrt in die Klinik entstehen“. Und die Anfragen kommen nicht nur aus Wiesbaden: Auch im Rheingau-Taunus-Kreis, in Mainz, Frankfurt, Darmstadt und Limburg ist der Wiesbadener Schwerlast-RTW im Einsatz, wenn über die Leitstelle Wiesbaden angefordert. Übrigens: Bei den Gesundheitstagen ist der Mega-RTW auch ein Renner: Kinder lieben es auf der Trage an der elektrischen Seilwinde ins Fahrzeug zu „schweben“.
Der Schwerlast-RTW aus Wiesbaden ist fast täglich im Rhein-Main-Gebiet Einsatz Foto: (c) 2013 / Grafische Ambulanz